Pröpstin Henriette Crüwell
Von ihrem Dienstsitz in Mainz aus verantwortet die Pröpstin Henriette Crüwell die evangelische Orientierung der Kirche in der Region. Dazu gehört der kirchenleitende Besuchsdienst in den Gemeinden (Visitation), die Ordination und die geistliche Begleitung der Pfarrerinnen und Pfarrer. Die Pröpstin, deren Amt in anderen Kirchen mit demjenigen einer „Regionalbischöfin“ vergleichbar ist, ist auch Vorgesetzte der Dekaninnen und Dekane. Sie ist zudem qua Amt Mitglied in der Kirchenleitung der EKHN. Dort ist es ihre Aufgabe, die Fragen, Ideen und Probleme der Menschen in Rheinhessen und im Nassauer Land auch und besonders in Krisenzeiten im Blick zu behalten und in die Kirchenleitung einzubringen, zugleich aber ebenso dafür Sorge zu tragen, dass die Entscheidungen der Gesamtkirche gut und transparent in die Regionen kommuniziert werden.
Henriette Crüwell wurde 1971 in Offenbach geboren. Sie studierte zunächst Rechtswissenschaften und erlangte das 2. Juristische Staatsexamen nach einem Referendariat am Landgericht in Darmstadt. Danach folgte ein Studium der Philosophie und Katholischen Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt. Ihr Vikariat absolvierte sie in der Alt-katholischen Pfarrgemeinde Sankt Cyprian in Bonn. Anschließend wechselte sie als Gemeindepfarrerin im Probedienst in die Evangelische Kirche im Rheinland. Ab dem Jahr 2015 arbeitete Crüwell in Hessen-Nassau als Pfarrerin an der jugend-kultur-kirche sankt peter in Frankfurt. Von 2016 bis August 2022 war sie Gemeindepfarrerin an der Friedenskirche in Offenbach. Crüwell war zudem Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Offenbach. In der EKHN engagierte sie sich als Ansprechperson im Sonderübernahmeverfahren und war darüber hinaus als Lehrpfarrerin tätig. Außerdem war sie Beisitzerin im Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN.
Henriette Crüwell setzt sich für Feminismus, Inklusion und eine zeitgemäße Interpretation des christliches Glaubens ein. Sie steht für eine offene Kirche, die gesellschaftspolitische Fragen aufgreift, sich aktiv für soziale Gerechtigkeit einsetzt und Gott in einer zunehmend säkularen und individualisierten Gesellschaft zur Sprache bringt. Ein zentraler Aspekt ihres theologischen Denkens ist, den Glauben so zu vermitteln, dass er im Alltag relevant bleibt und gleichzeitig gesellschaftliche Herausforderungen wie Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt integriert. Crüwell plädiert für einen Dialog zwischen Kirche und moderner Gesellschaft, um den christlichen Glauben in einer sich wandelnden Welt lebendig zu halten.
Pröpstin Henriette Crüwell weiß, dass die Lebendigkeit der Kirche insbesondere in der Vielfalt der Menschen mit ihren – von Gott gegebenen – Gaben liegt. Eine bunte Vielfalt, in der alle anders sein dürfen und genau darin die lebendige Gegenwart Gottes erfahrbar wird. Als Pröpstin möchte sie deshalb dazu beitragen, dass diese Vielfalt der Menschen, der Generationen, Geschlechter und Lebensentwürfe nicht aus den Augen verloren wird. Das gilt auch für die Vielfalt der Gemeinden und der Kirche vor Ort. “Wir werden in Zukunft noch mehr herausfinden müssen, wie wir jeweils an unseren jeweiligen Orten, an die wir gestellt sind, das Evangelium bezeugen können und sollen. Denn Kirche gibt es nur im Plural.“
Synodalität heißt, gemeinsam nach Gottes Willen zu fragen, gemeinsam neue Wege zu suchen und gemeinsam zu entscheiden, weil Gottes Geist in allen am Werk ist. „Wir sind alle gemeinsam Kirche Jesu Christi. Und als solche sind wir Kirche für andere und mit anderen. Oder wir sind es nicht,“ davon ist die Pröpstin überzeugt. Was dann aber auch bedeutet, sich immer wieder auf den Weg zu machen und sich verändern zu lassen. Und weil wir um das reformatorische Grundanliegen „Ecclesia semper reformanda“ wissen, befinden wir uns derzeit im Zukunftsprozess EKHN 2030. Darauf zu achten, dass die EKHN dabei jenen im Blick behält, der von sich sagt: “Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, sieht Henriette Crüwell als besondere Aufgabe ihres Amtes. "Deshalb möchte ich dafür sorgen, dass wir die Freude am Glauben, die Freude daran, gemeinsam Kirche zu sein, über all die Veränderungen der kommenden Jahre behalten."
In einer Zeit, in der viele Angst vor der Zukunft haben und leben, als ob es kein Morgen gibt, sieht die Pröpstin die Berufung der Kirche darin, zu bezeugen, dass jede Zeit Gottes Zeit. „Als Christinnen und Christen leben wir im Glauben, dass es ein Morgen gibt, und haben die Aufgabe, im Licht dieses neuen Tages unsere Welt zu gestalten.“ Ein Wort des Apostel Paulus ist ihr dabei besonders wichtig geworden. „In Ängsten, aber siehe, wir leben!“
"Ich habe schon jetzt", berichtet die neue Pröpstin für Rheinhessen und Nassauer Land, "in Rheinhessen und im Nassauer Land so viele Menschen – Ehren- wie Hauptamtliche – kennengelernt, die sich mit viel Herzblut engagieren und Kirche und Glauben leben. Sie sind für mich das eindrücklichste Zeugnis, dass Gottes Zukunft schon längst begonnen hat. Das weiterzusagen und sie alle zum Glänzen zu bringen, darauf freue ich mich an meiner neuen Stelle ganz besonders.“