„Die Klangerfahrung im Kirchenraum hat etwas Mystisches“

Hilke Wiegers

Gut vernetzt und kreativ: die Niersteiner Kirchenmusikerin Dr. Katrin Bibiella wird am 1. Dezember 2024 um 15:00 Uhr in einem feierlichen Gottesdienst als hauptamtliche B-Kirchenmusikerin mit einer halben Stelle in ihr Amt eingeführt.

(23.10.2024) Ein begeisterter Konzertbesucher sagte einmal zu ihr: „Du kannst mit einer Orgel Geschichten erzählen“. Dieses Lob fasst vieles zusammen, was die Konzertorganistin, Kirchenmusikerin, Kantorin und Lyrikerin Dr. Katrin Bibiella ausmacht. Sie brilliert nicht nur auf ihrem Instrument, der Orgel, sie kann auch mit Sprache glänzend umgehen. Am 1. Dezember 2024 wird sie um 15.00 Uhr in einem feierlichen Gottesdienst als hauptamtliche B-Kirchenmusikerin mit einer halben Stelle in der Niersteiner Martinskirche in ihr Amt eingeführt.

Organistin, Korrepetitorin, Chor-Leiterin, Kinder-Opern-Initiatorin …

Schon lange ist die 1964 in Weimar geborene Musikerin in Rheinhessen zuhause. 1992 zog sie mit ihrem Mann, dem Kantor und Konzert-Organisten Ralf Bibiella, nach Oppenheim, als dieser seine Stelle als Kirchenmusiker der Katharinenkirche antrat. Seitdem unterstützt die studierte A-Kirchenmusikerin ihren Mann, der seit 2003 auch Kantor der Propstei Rheinhessen und Nassauer Land ist, an der Katharinenkirche, ob nun als Organistin in Gottesdiensten und Konzerten, als Korrepetitorin bei der Chorleitung, mit dem Aufbau eines Kinderchors oder der von ihr eingeführten Tradition einer Kinderoper. 1999 trat sie eine nebenamtliche C-Kirchenmusikerinnen-Stelle in der evangelischen Martinsgemeinde Nierstein an.

Nierstein: Zahlreiche Veranstaltungen für kleine und große Musikfans

Mit den Jahren weitete sich ihr Aufgabengebiet in Nierstein aus. Insbesondere die klangliche Optimierung und Erweiterung der Orgel in der Niersteiner Martinskirche hat so einiges in Bewegung gesetzt: ein Orgelbauverein, OMNI e.V., gründete sich 2021. Gelder u.a. aus der EU-LEADER-Stiftung konnten für den Orgel-Um- und -Ausbau gewonnen werden. Die guten Verbindungen des Ehepaars Bibiella zu Musikern und Musikerinnen ebenso wie zu Stiftungen machen 2025 nun zum dritten Mal auch ein musikalisches Jahresprogramm in Nierstein möglich mit zahlreichen Veranstaltungen für kleine und große Musikfans.

„Immer pädagogisch und musikvermittelnd unterwegs“

Gerade die beiden musikalischen Kinderformate des Niersteiner Programms liegen Katrin Bibiella am Herzen: „Wir sind als Kirchenmusiker“, erklärt sie, „immer pädagogisch und musikvermittelnd unterwegs. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass auch Kindern ermöglicht wird, mit Musik, dem Künstlerischen, Schöngeistigen in Berührung zu kommen“. Und dann ist da noch ein Aspekt, der die Arbeit der Kirchenmusikerin und ihres Mannes ganz besonders beflügelt: „Es ist unserer Aufgabe, den hohen Anspruch unserer Arbeit nicht aus dem Blick verlieren. Mit künstlerischen Hochleistungen, wie z.B. der Aufführung von Claudio Monteverdis ‚Marienvesper‘ im Juli in der Katharinenkirche, halten wir unsere christlich-abendländische Glaubenstradition als Hochkultur lebendig. Dass die Kirchenmusik, und hier insbesondere auch die klassische, ganz weit oben rangiert, wenn es um die Bindekraft der Menschen zur Kirche geht, das hat nicht zuletzt auch die jüngste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung ergeben.“

„Kirchenmusik ernährt den Menschen auch seelisch“

Wie sehr das Erlebnis eines Orgelkonzertes im Kirchenraum die Menschen bewegen kann, das beschreibt die Kirchenmusikerin sehr anschaulich: „Diese unmittelbare Klangerfahrung im Kirchenraum, die hat etwas Mystisches. Ich erfahre Musik ja nicht nur über meine Ohren, sondern auch über die Schwingungen, die meinen ganzen Körper berühren. Musik hat eine unheimliche Kraft und Energie, und das ernährt den Menschen auch seelisch. Die Menschen suchen ein Berührt-Sein, das nicht nur oberflächlich bleibt, sondern in das tiefe Geheimnis des eigenen Seins hineinführt. Es ist wie die Erfahrung eines Dramas, dem man sich nicht entziehen kann. Man durchlebt es und erfährt eine Katharsis, geht anders heraus, als man hineingegangen ist.“

„Musik und Poesie öffnen die Tür ins Emotionale“

Man merkt, die Sprache ist die zweite große Leidenschaft dieser vor Energie und kreativen Ideen sprühenden Frau, die nach der Kirchenmusik noch Literaturwissenschaft studiert hat. Für Katrin Bibiella ist die Chormusik mit ihrer Symbiose aus Musik und Sprache die höchste Form des menschlichen Ausdrucks: „Musik und Poesie öffnen die Türen ins Emotionale“, erklärt sie. Als Jugendliche bot die Musik Katrin Bibiella, die in einem dem damaligen DDR-Regime kritisch gegenüberstehenden Elternhaus von Profi-Musikern aufwuchs, einen Zufluchtsort vor staatlichen Zwängen. Diesen war sie als junge Frau, weil sie sich zur „Jungen (evangelischen) Gemeinde“ in Weimar bekannte, besonders ausgesetzt. Abitur konnte sie nur machen, weil sie parallel eine Lehre zur Gärtnerin absolvierte. Zeit für ihre schon früh erwachte Leidenschaft für die Orgel blieb damals dann häufig nur in den frühen Morgenstunden zwischen 5.00 und 7.00 Uhr. Ein Kirchenmusik-Studium in Leipzig schloss sich an. Die Leidenschaft für die „Königin der Instrumente“ blieb bis heute ungebrochen. In Nierstein möchte Katrin Bibiella in den nächsten Jahren, wie sie sagt, „noch so manches entdecken“ und umsetzen, auch weil sie bestens vernetzt ist und Menschen für ihr Anliegen zu begeistern weiß.

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